Die Idee zur Gründung eines Vereins zur Pflege von Brauchtum, Tradition und Eichsfelder Mundart entstand im Jahre 1987 im kleinen Kreis einiger, der Eichsfelder Heimat sehr verbundener Uderaner. Doch solche Dinge in die Tat umzusetzen, war zu damaliger Zeit gar nicht so einfach. In der DDR waren Brauchtum, Mundart, christliche Traditionen und Heimatvereine nicht erwünscht. Sie passten nicht in das sozialistische Weltbild, nicht in die sozialistische Kulturlandschaft.

Unser Ideengeber und Gründer Gerhard Klinge ließ sich aber nicht beirren und verhandelte beharrlich und zielstrebig mit den zuständigen staatlichen Stellen. Schließlich fand am 13. Mai 1988 unsere Gründungsversammlung mit 18 Heimatfreunden statt. Gerhard Klinge wurde zum Vorsitzenden gewählt. Auf Beschluss des Rates der Gemeinde Uder wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1988 der Arbeitskreis „Martin Weinrich“ berufen und Gerhard Klinge als Vorsitzender bestätigt.

Der Arbeitskreis stellte sich zunächst folgende Aufgaben:

• Erforschung von Leben und Wirken des Mundartdichters Martin Weinrich
• Erforschung der Heimatgeschichte
• Aufarbeitung und Verbreitung von Mundart- und Heimatliteratur
• Pflege der Eichsfelder Mundart
• Pflege der Eichsfelder Traditionen und Trachten.

In dreißig Jahren Vereinsarbeit gab es jede Menge Aktivitäten. Einige sind es wert, an dieser Stelle erwähnt zu werden.

Unsere ersten öffentlichen Auftritte waren 1989 die Mitgestaltung der Glockenweihe unserer Pfarrkirche, in geliehenen Trachten und mit Mundartvorträgen sowie die Teilnahme am Festumzug zur 900-Jahrfeier mit historischen Gerätschaften.

Nach der Wende durften wir uns dann endlich Heimatverein nennen. Und so wurden wir im Mai 1990 als Heimatverein „Martin Weinrich“ e. V. ins Vereinsregister beim Amtsgericht Heiligenstadt aufgenommen. Wir begannen, nach alten Fotos und Vorlagen von Originalkleidungsstücken, die Eichsfelder Tracht nachzuschneidern. So entstand die Arbeitstracht, die Sonntagstracht und Festtagstrachten für die Darstellung eines Brautzuges um 1850.

• 1991 gründete sich die Trachtentanzgruppe des Heimatvereins.
• 1992 erfolgte auf unserer Initiative die Benennung und Einweihung des Martin-Weinrich-Weges.
• Im Jahr 1993 führten wir das 1. Eichsfelder Trachtenfest durch, unter der Schirmherrschaft der Präsidentin des deutschen Bundestages Frau Prof. Dr. Rita Süßmuth. Es war ein großer Kraftakt für unseren jungen Verein, wurde aber ein voller Erfolg. Die Teilnahme der Trachtengruppe war riesig, sogar international, der Umzug ein absoluter Höhepunkt.
• Mit großer Freude konnten wir im Mai 1994 unsere Vereinsfahne weihen.
• Auf dem Friedhof übernahmen wir die Pflege von zwei historischen Grabstellen sowie in Heiligenstadt das Grab von Martin Weinrich. 1995 wurde das Grab von Peter Schiffmann saniert.
• Im Sommer 1997 ließen wir das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges sanieren. Die Kosten wurden durch Spenden unserer Heimatfreunde gedeckt. 2005 wurde das Kriegerdenkmal und Umfeld neu gestaltet und Tafeln mit den Namen der Gefallenen des zweiten Weltkrieges angebracht. Unser Heimatfreund Bernhard Rinke hatte sie in mühevoller Arbeit zusammengetragen.
• Aus Anlass des 10-jährigen Bestehens unseres Heimatvereins führten wir 1998 das erste Ossenritterfest in Uder durch.

Im Laufe der früheren Jahrhunderte gab es rund um Uder einige Wüstungen, das waren kleinere Siedlungen mit wenigen Häusern. Wir haben mit Hilfe von Heimatfreund Karl-Heinz Schweißhelm die Standorte erkundet. Die ehemalige Wüstung Obernuwesessen lag am heutigen Radweg nach Lutter. Dort haben wir einen Rastplatz eingerichtet, einen Gedenkstein aufgestellt und einige Anpflanzungen vorgenommen.

Die größte Herausforderung für unseren Verein war die Übernahme des heutigen „Hauses der Vereine“. Das Gebäude war zwar grundsaniert, aber für die Innenarbeiten waren wir zuständig. Also wurde von September 1998 bis Juni 1999 umgebaut. Eine ABM-Kraft wurde zur Mithilfe von der Gemeinde gestellt. Wände wurden neu verputzt, teilweise mit Lehmputz, Balken abgeschliffen, Fußböden verlegt, die Elektrik erneuert, sanitäre Einrichtungen geschaffen, Malerpinsel geschwungen und vieles mehr.

Alte Möbel, Gebrauchsgegenstände und Gerätschaften wurden zusammengetragen und in der ersten Etage eine Heimatstube, sowie im Dachgeschoss ein kleines Museum eingerichtet. Im Erdgeschoss befindet sich ein Versammlungsraum, den alle Vereine nutzen können. Viele Arbeitsstunden, viel Herzblut und auch viel eigenes Geld wurden ins Haus investiert. Nach Fertigstellung waren alle Heimatfreunde glücklich und stolz auf das Geschaffene. Der Verein hatte eine Bleibe gefunden und Dinge aus vergangenen Zeiten stehen in den Ausstellungsräumen zur Besichtigung bereit.

Neben allen genannten Aktivitäten wäre noch zu erwähnen, dass wir an zahlreichen Trachtenwallfahren in unserer Region, sowie an Bundes-, Landes- und Eichsfelder Trachtenfesten teilnahmen. Die Trachtentanzgruppe und Mundartsprecher erfreuten zu vielfältigen Anlässen mit ihren Beiträgen. Eine gute Zusammenarbeit mit befreundeten Heimatvereinen hat unser Vereinsleben immer sehr bereichert.

Letztendlich freuten wir uns 2016 über die Schaffung des „Martin-Weinrich-Platzes“ vor dem „Haus der Vereine“. Hier steht nun eine Büste des von uns verehrten Mundartdichters, der recht aufmerksam auf das turbulente und rege Leben seines einst so still-beschaulichen Uder’s blickt.

Im Laufe der Jahre gab es auch einige Wechsel in der Leitung unseres Vereins. So gab im Jahr 2000 Heimatfreund Gerhard Klinge, nach zwölf Jahren intensiver Vereinsarbeit, aus gesundheitlichen Gründen den Vorsitz an Heimatfreund Bernd Sonntag ab. Bernd Sonntag lenkte ebenfalls zwölf Jahre lang sehr erfolgreich die Geschicke unseres Vereins, bis auch er gesundheitlich die Leitung abgab. Seit 2012 ist nun Heimatfreund Erich Köhler als Vorsitzender aktiv.

Jeder Vorsitzende hat bisher Zeichen gesetzt und sein Bestes gegeben. Aber auch alle Heimatfreunde haben stets dazu beigetragen, Brauchtum und Traditionen zu bewahren, sie der Nachwelt zu erhalten, den Zusammenhalt und die Geselligkeit in unserem Vereinsleben mitzugestalten. Dafür gebührt allen ein herzliches Dankeschön, verbunden mit dem Wunsch, dass wir mit Gottes Segen noch recht viele frohe, gemeinsame Jahre erleben.

M. Köhler, A. Fischer
Heimatverein „Martin Weinrich“ e. V. Uder